Leben und Reisen mit Typ 1

Donnerstag, 29. Juni 2017

Kampf mit dem eigenen Körper

Ich bin sauer. Richtig sauer. Denn gerade stand das Mittagessen auf dem Tisch und alle waren bereit zum Essen. Alle außer ich. Mal wieder.


Ohne Grund stieg mein BZ kurz vor Mittag an; 160...184...216. Und ich hatte Hunger. Und wenn ich hungrig bin, werde ich quängelig, mit oder ohne funktionierende Bauchspreicheldrüse. Klar, ich hätte einfach anfangen können zu essen und das mache ich meistens auch, egal wie hoch der Wert ist. Aber da gestern nicht gerade der beste Diabetes-Tag war, wollte ich heute ausnahmsweise mal gute Werte aufweisen können. 20 Minuten vor dem Essen habe ich sogar brav losgespritzt. Die Reaktion vom hohen Zucker blieb aber aus. Bätsch!

Solche Momente gibt es immer wieder und es ist wie ein innerer Kampf zwischen mir und meinem Körper. Natürlich raste ich (fast) nie aus und schmeiße mit den leckeren Nudeln um mich, obwohl ich das am liebsten getan hätte. Besonders nicht hier in meiner Gastfamilie, deren Kultur nicht unterschiedlicher sein könnte und wo es vielleicht als unhöflich gilt, mit dem Essen zu warten. Also bleibe ich ruhig und lächle.

Auch dann, wenn ich unterzuckert bin. Ich schäme mich und hasse es, mich schwach zu fühlen. Hypos gehören aber leider auch zu meinem Alltag hinzu, ob ich will und nicht.

 Bei meiner Arbeit in der Schule als Englischlehrerin kommt es vor, dass ich mitten im Unterricht unterzuckere. Manchmal ist es nicht so schlimm; ich trink n' Schluck Cola und alles ist wieder gut. Aber manchmal fühle ich mich elend, zittere und möchte mich einfach nur hinlegen, was ich aber nur selten tue. Denn

  1. ich bin ich viel zu dickköpfig und will den Diabetes nicht gewinnen lassen
  2. ich glaube, dass kaum jemand Verständnis fuer meine Lage hat (Typ 1 gibt es hier so gut wie gar nicht)
  3. ich glaube , dass andere glauben, dass ich mich vor meiner Arbeit drücken will
  4. ich schäme mich zu sagen, dass ich gerade eine Pause brauche




Unterzuckerungen sind einfach mies und keiner sieht sie. Auch nicht meinen rauchenden Kopf, der wegen der ganzen Rechnerei und Grübelei manchmal droht zu platzen. Man nennt mich auch Taschenrechner auf zwei Beinen. "Mein Wert liegt bei 90mg/dl, 2 Einheiten wirken noch. Brauche ich Zucker? Allerdings essen wir auch schon in einer halben Stunde. Gebe ich denn jetzt auch schon Insulin fürs Essen ab? Wenn ja, wie viel? Später wollte ich ja auch noch Sport machen, also nicht zu viel..." usw.





Jap, auch das spielt sich alles nur in meinem Kopf ab und manchmal fühle ich mich verdammt nochmal allein damit.

2 Kommentare:

  1. Wie hast du es gemacht, hast du es den Kinder erklärt was Typ 1 Diabetes ist? Deine Kollegen wussten es alle? Wie alt waren die Kinder mit denen du zusammen geatbeitest hast? Haben die Kinder hauptsächlich eine Sprache gesprochen, die du verstehst? Und bist du dir wirklich siche, dass es bei dir wenige Typ 1 Diabetiker gibt? Hier in Benin (Westafrika) wissen es oft viele nicht, können die Hilfsmittel nicht zahlen und die Ärzte sind schlecht informiert...

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    1. Ups entschuldige, dein Kommentar sehe ich erst jetzt...Ja, ich habe es manchen meiner Klassen erklärt, wo ich gemerkt habe, dass sie Interesse hatten und ein gewisses Verständnis. Das waren eher die älteren Kinder (ca. 13 Jahre), den Kleinen habe ich das in einer abgespeckten Form versucht zu erklären..Allen Lehrern habe ich es erzählt, wie weit sie es verstanden haben und konnten, weiß ich nicht..Auf Spanisch war das alles sowieso ne ziemliche Herausforderung, Englisch konnte kaum jemand. Bin mir wegen des Typ 2 ziemlich sicher und habe auch die Ärzte vor Ort dazu befragt, klar kann es trotzdem sein, dass es einige unbemerkte Typ 1ser gab!

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